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Denise M'Baye Mobil Hero | Fotographie: China Hopson

Denise M'Baye, 49

Denise M'Baye | Fotographie: China Hopson

Denise M'Baye, 49

• Schauspielerin

• Moderatorin

• Sängerin

"Ich habe gedacht, das ist eine Chance, das Menschen jemanden Deutsch sprechen sehen, also eine Schwarze Person im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und zwar nicht wenige. Damals waren es 8 Millionen Einschaltquote jede Folge."

Was wolltest du als Kind später einmal werden?

Journalistin wollte ich werden. In Freundschaftsheften gab es damals die Kategorie, was man gerne werden möchte und da habe ich immer „Journalistin“ aufgeschrieben. Ich fand das spannend. Auch viele meiner Verwandten im Senegal arbeiten im journalistischen Bereich. Später habe ich gelernt, dass ich aus einer Griot-Familie stamme.

Wer waren damals deine Vorbilder?

Mein Vorbild hing an meinem Spiegel als Aufkleber. Es war Neneh Cherry, eine Schwarze Sängerin und Rapperin aus Europa. Sie kommt aus Schweden und das war schon ziemlich nah dran an Deutschland. Es war nicht so ein Vorbild aus dem fernen Amerika oder so. Neneh Cherry habe ich sehr, sehr gern gehört. Ich mag sie auch immer noch. Sie war nicht unerreichbar. Also, die war ein Vorbild für mich, auch als Sängerin. Aber ich muss tatsächlich sagen, es gab wenige Figuren, wo ich das Gefühl hatte, das könnte ich auch sein, denn die waren ja meistens weiß oder eben richtig weit weg.

Denise M'Baye Spotlight | Fotographie: China Hopson

Ein größeres Publikum konntest du durch deine Rolle in der Fernsehserien “Um Himmels Willen” erreichen. Welche Hürden musstest du überwinden, um dich im Fernsehen zu behaupten?

Zum ersten Mal auf die Bühne kam ich durch das Jugendtheater-Projekt “Funkytown” in Hannover. Das war für mich eine ganz, ganz wichtige Erfahrung. Ich habe gemerkt, dass ich das wirklich gut kann. Seitdem habe ich immer Theater gespielt. Auch immer mal wieder hier und mal da. Ich war nie fest an einem Theater. 2009 habe ich angefangen zu drehen. Die Serie „Um Himmels Willen“ war eine der erfolgreichsten Serien im deutschen Fernsehen. Ich war 11 Jahre lang fest im Cast als Schwester Lela. Die erste Szene, die ich da gedreht habe, würde ich so nicht nochmal machen. Es gibt viele Momente, die mir auch im Laufe der Arbeit begegnet sind, in denen Rassismus reproduziert wurde. Ich habe das zum Teil nicht gemerkt oder ich habe es gemerkt, aber nicht zugelassen, das zu checken. Aber es gibt eine Sache, auf die ich – bezogen auf die Serie – sehr stolz bin. Nämlich, dass ich gleich zu Beginn, als ich gefragt wurde, ob ich diese Rolle annehmen will, gesagt habe, ich werde die Figur nicht mit einem Akzent sprechen. Ich musste da ein bisschen kämpfen, aber auch nicht sehr. Der Regisseur ließ sich schnell überzeugen. Das musste natürlich auch die Redaktion abnehmen und so. Ich habe gedacht, das ist eine Chance, dass Menschen jemanden Deutsch sprechen sehen, also eine Schwarze Person im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, und zwar nicht wenige. Damals waren es 8 Millionen Einschaltquote jede Folge. Ich fand das wichtig, eben weil das so viele Menschen sehen. Medien haben eben einen Einfluss auf unser Selbstverständnis. Wenn Menschen schon mal eine Schwarze Person im Fernsehen Deutsch sprechen gehört haben, werden vielleicht weniger Leute gefragt, warum sie so gut Deutsch sprechen. 

Denise M'Baye IPad | Fotographie: China Hopson

Dann war deine Präsenz als Schauspielerin auch immer ein Kampf gegen Rassismus, oder?

Genau, es war mir vielleicht noch gar nicht so richtig bewusst. Ich finde, dass es wichtig ist, auch zu äußern, dass einem manche Dinge nicht bewusst sind und dass man selbst Teil dessen ist. Dieser gelernte Rassismus ist auch bei uns internalisiert. Wir können das nicht ohne Weiteres abschalten. Manche Mechanismen greifen, ohne dass man es merkt, auch in unserem eigenen Verhalten. Das finde ich wichtig zu kommunizieren. Nur dann kann man eine Entwicklung anstoßen und andere Menschen dazu bringen, sich selbst zu reflektieren, ohne sich gleich schlecht fühlen zu müssen, weil sie “böse Rassisten” sind oder so.
Ich habe versucht, zumindest etwas dazu zu sagen und habe das auch gemacht.  Das sind so „Baby-Steps“, die wir dann vielleicht gemeinsam gehen und Dinge doch verbessern.
Viele Dinge waren schwierig, aber viele auch toll. Ich habe gemerkt, dass mich Menschen auch auf der Straße ansprechen und sagen „Hey, voll toll, ich bin so glücklich. Ich gucke das immer“. Auch Schwarze, vor allem Schwarze, ältere Frauen, die voll happy darüber waren, dass Repräsentation stattfindet in irgendeiner Form. Das merkt man vielleicht in kleinen Begegnungen, wenn Leute sagen: „Hey, das war cool, dass du da bist.“. Oder auch wenn jüngere PoC sagen: „Du bist Schauspielerin! Jetzt traue ich mich auch, das zu machen“. Das passiert mir schon. Und ich freue mich über mehr Diversität, auch in unserer Branche, auch wenn der Schauspielberuf ganz viel Zurückweisung bedeutet. Man braucht wirklich ein dickes Fell.

Welche Erkenntnisse hast du aus diesen Erfahrungen ziehen können?

Alles, was du in dir an Erfahrungen und an Skills anhäufst, das hilft deinen Figuren. Deshalb würde ich sagen, mach noch etwas anderes und tausch dich mit anderen Menschen aus, die in deiner Situation sind, gerne auch mit anderen Schwarzen Schauspielenden. Da gibt es in Deutschland die Schwarze Filmschaffenden Community zum Beispiel und den BFFS gibt es, den Berufsverband Schauspiel e.V. Es gibt WIFT, Women in Film and Television. Also dieses sich organisieren und sich bewusst machen… Ich bin auch Teil einer Gruppe, weil der Schauspielberuf so ein Einzelkämpfer*innen-Ding ist. Ich war sehr lange in einer Agentur, wo ich sehr lange Zeit die einzige Schwarze Schauspielende war. Und das wollte ich nicht mehr. Also, such dir auch eine Agentur, wo du nicht die einzige BPoC bist, sondern wo es noch andere gibt. Und umgib dich mit Menschen, die dich in deiner Lebensrealität verstehen.

Welche Hürden konntest du auf diesem Weg noch überwinden?

Natürlich diese Klischeegeschichten. Das spielt eine große Rolle für alle Schwarzen Schauspielenden. Bei den Männern sind es dann die Sportler oder die Dealer oder die Verbrecher und die Sexobjekte oder die Putzfrauen sind es bei den Frauen. Das verändert sich jetzt aber glaube ich langsam. Ich habe in den letzten Jahren, vor allem nachdem ich die Serie beendet habe, sehr unterschiedliche und sehr oft sehr starke Figuren spielen dürfen. Wir alle wollen doch unser kulturelles und öffentliches Leben mitgestalten. Es hat auf jeden Fall etwas damit zu tun, dass wir lauter werden und dass wir auch „Nein“ und “Stopp” sagen und dass wir sagen „Hey, dieser Raum ist auch für uns!”. 

Denise M'Baye im Café | Fotographie: China Hopson

Fotos: China Hopson

Unsere Protagonist*innen der Wanderausstellung